Mittlerweile ist ein Jahr vergangen, seit sich der 6. Sächsische Landtag am 29.09.2014 konstituiert hat. Bereits vor einem halben Jahr habe ich Bilanz über das Wirken der AfD im Sächsischen Landtag in den ersten sechs Monaten gezogen. In dieser kam ich zu dem Ergebnis, dass die AfD in ihren ersten Monaten ihres parlamentarischen Wirkens nicht sonderlich aktiv gewesen ist.
Nun, sechs Monate später, möchte ich erneut die parlamentarische Arbeit der AfD in den Blick nehmen. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob sich die parlamentarische Arbeit der AfD intensiviert hat. Dafür vergleiche ich die Zahl der parlamentarischen Initiativen der AfD mit der Anzahl der parlamentarischen Initiativen der anderen Fraktionen.
Auswertung parlamentarischer Initiativen
Um zu aussagekräftigeren Ergebnissen zu kommen habe ich vor einem halben Jahr die parlamentarische Arbeit der AfD nicht nur mit den anderen Fraktionen im Sächsischen Landtag in dieser Legislatur verglichen, sondern auch mit der Arbeit von FDP, GRÜNEN und NPD nach ihrem Landtagseinzug 2004, weil die Situation der AfD mit der der drei genannten Fraktionen unmittelbar vergleichbar ist. Alle genannten Fraktionen standen vor der Herausforderung, neu in den Parlamentsbetrieb zu kommen und nicht auf einen etablierten Stab an Mitarbeiter_innen zurück greifen zu können, die parlamentarische Initiativen vorbereiten.
Auch diesmal wird als Vergleich die parlamentarische Arbeit der im Jahr 2004 neu in den Sächsischen Landtag eingezogenen Fraktionen herangezogen. Dabei handelt es sich in erster Linie um einen quantitativen Vergleich der Arbeit, die sich auf Kleine Anfragen, Große Anfragen, Anträge, Änderungsanträge, Dringliche Anträge, Entschließungsanträge und Gesetzentwürfe bezieht. Während Kleine Anfragen ein individuelles Abgeordnetenrecht sind, werden die anderen parlamentarischen Initiativen im Regelfall durch eine oder mehrere Fraktionen eingereicht. Die in der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags vorgesehene Regelung, dass die genannten parlamentarischen Initiativen auch durch mindestens sieben Einzelabgeordnete eingereicht werden können, kommt in der Realität kaum vor.
In den Vergleich eingeflossen ist eine quantitative Erfassung der genannten parlamentarischen Initiativen vom 29.09.2014 bis zum 29.09.2015. Für den Vergleich mit der 4. Legislaturperiode sind die genannten parlamentarischen Initiativen von der Konstituierung des Landtags am 19.10.2004 bis zum Stichtag 19.10.2005 herangezogen worden.
Auch diesmal gilt, dass die Stärke der einzelnen Fraktionen mit in die Betrachtung einfließen muss. Insbesondere bei der Einordnung der Frage, ob viele Kleine Anfragen von Abgeordneten einer Fraktion gestellt wurden oder wenig, muss die Zahl der Abgeordneten einer Fraktion berücksichtigt werden, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen. Die Sitzverteilung im 6. Sächsischen Landtag sieht wie folgt aus:
Die parlamentarische Arbeit der AfD nach einem Jahr
Nach einem Jahr hat die AfD 288 Kleine Anfragen, eine Große Anfrage, 19 Anträge und 28 Änderungsanträge eingereicht. Dringliche Anträge, Entschließungsanträge und Gesetzesentwürfe sind von der AfD auch nach einem Jahr nicht zu verzeichnen. Nach einem halben Jahr hatte die AfD lediglich 32 Kleine Anfragen und 6 Anträge eingereicht. Quantitativ ist somit zunächst einmal eine Intensivierung der parlamentarischen Arbeit der AfD bei den Kleinen Anfragen und den Anträgen festzustellen.
Die nachfolgende monatliche Aufschlüsselung der eingereichten parlamentarischen Initiativen verdeutlicht dies (für eine vergrößerte Ansicht, bitte die Grafik anklicken).
Ab Juni 2015 steigt die Zahl der parlamentarischen Initiativen deutlich an. Die 28 Änderungsanträge im April verwundern nicht, da Ende April der Doppelhaushalt für die Jahre 2015/2016 durch den Sächsischen Landtag verabschiedet wurden und sich die meisten Änderungsanträge auf Änderungswünsche im Haushalt beziehen.
Die AfD-Abgeordneten haben insgesamt 288 Kleine Anfragen eingebracht, das entspricht im Durchschnitt 20,57 Anfragen je Abgeordneten. Eine Aufschlüsselung welche Landtagsabgeordneten der AfD wie viele Kleine Anfragen eingereicht hat, zeigt jedoch eine starke Ungleichverteilung.
Sebastian Wippel, André Barth und André Wendt haben Kleine Anfragen offenkundig als regelmäßiges Instrument ihrer Arbeit entdeckt. Die drei Abgeordneten zeichnen für 58,3% aller Kleinen Anfragen durch AfD-Abgeordnete verantwortlich.
Das Mittelfeld bilden Mario Beger, Jörg Urban, Carsten Hütter und Uwe Wurlitzer, die für weitere 32,6% der Kleinen Anfragen verantwortlich sind. Die anderen Abgeordneten nutzen das Instrument der Kleinen Anfrage nur sporadisch. Erstaunlich ist, dass die Fraktionsvorsitzende Dr. Frauke Petry auch nach einem Jahr Landtagszugehörigkeit nicht eine einzige Kleine Anfrage eingereicht hat.
Dass die Abgeordnete Karin Wilke noch keine Kleine Anfrage eingereicht hat, verwundert hingegen nicht. Sie ist die Nachrückerin für Stefan Dreher, der zum 1. September 2015 sein Mandat zurück gegeben hat.
Die Aufschlüsselung nach Abgeordneten zeigt, dass lediglich die Hälfte der AfD-Abgeordneten Kleine Anfragen halbwegs regelmäßig für die eigene Arbeit nutzt. Für eine Oppositionsfraktion ist dies ungewöhnlich.
Die Arbeit der anderen Fraktionen im 6. Sächsischen Landtag
Für eine Beurteilung der Arbeit der AfD-Fraktion ist jedoch auch ein Blick auf die Zahl der parlamentarischen Initiativen der anderen Fraktionen notwendig.
Die CDU kommt nach einem Jahr auf 46 Anfragen, das entspricht im Schnitt 0,78 Anfragen je Abgeordneten. Die SPD kommt auf 13 Kleine Anfragen, was 0,72 Anfragen je Abgeordneten entspricht. Dies ist wenig verwunderlich, da Kleine Anfragen in erster Linie ein von der Opposition genutztes Instrument zur Kontrolle der Regierung sind. CDU und SPD haben zusammen 33 Anträge, 3 Gesetzesentwürfe, einen Entschließungsantrag und einen Änderungsantrag eingereicht. Dringliche Anträge und Große Anfragen sind bislang nicht zu verzeichnen.
Die Linke steht, in absoluten Zahlen betrachtet, mit bislang 1324 Kleinen Anfragen an der Spitze. Das entspricht im Schnitt 49,04 Anfragen je Abgeordneten. Hinzu kommen 6 Große Anfragen, 73 Anträge, 55 Änderungsanträge (auch hier der Großteil im Rahmen der Haushaltsverhandlungen), 5 Entschließungsanträge, 3 Dringliche Anträge und 7 Gesetzesentwürfe.
Von Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurden bislang 607 Kleine Anfragen eingereicht, das entspricht im Schnitt 75,88 Anfragen je Abgeordnetem. Des Weiteren hat die Fraktion 2 Große Anfragen, 45 Anträge, 56 Änderungsanträge (wiederum ein Großteil im Rahmen der Haushaltsverhandlungen), 2 Dringliche Anträge, 3 Entschließungsanträge und 5 Gesetzesentwürfe eingereicht.
An diesen Zahlen ist leicht zu erkennen, dass die anderen Fraktionen deutlich mehr parlamentarische Aktivität entfalten als die AfD. Insbesondere die sich ebenfalls in der Opposition befindlichen Fraktionen von LINKEN und GRÜNEN haben auch im Verhältnis zur Größe der Fraktionen deutlich mehr parlamentarische Initiativen vorzuweisen.
Vergleich zu 2004
Allerdings gibt es einen großen Unterschied zwischen der AfD und den anderen vier Fraktionen im 6. Sächsischen Landtag. Während CDU, SPD, LINKE und GRÜNE bereits parlamentarisch etabliert sind und somit auf einen etablierten Stab an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zurück greifen können, ist die AfD-Fraktion erst mit Beginn dieser Legislaturperiode Teil des Sächsischen Landtags. Sie musste also erst Strukturen aufbauen und entwickeln, was ein Grund sein mag, weshalb die Zahl der parlamentarischen Initiativen geringer ausfällt als bei den anderen Fraktionen.
Wie schon bei meiner Auswertung vor einem halben Jahr möchte ich deshalb auch diesmal wieder die Zahl der parlamentarischen Initiativen der AfD mit der von GRÜNEN, FDP und NPD im 4. Sächsischen Landtag vergleichen, da die drei letztgenannten Fraktionen 2004 vor den gleichen Herausforderungen standen wie die AfD 2014.
Für die NPD mit ihren 12 Abgeordneten schlugen nach einem Jahr Parlamentsangehörigkeit 375 Kleine Anfragen zu Buche. Das entspricht im Schnitt 31,25 Kleinen Anfragen je Abgeordneten. Hinzu kamen 2 Große Anfragen, 40 Anträge, 47 Änderungsanträge, 5 Dringliche Anträge und 2 Gesetzesentwürfe. Entschließungsanträge waren zu diesem Zeitpunkt nicht zu verzeichnen.
Die 7 FDP-Abgeordneten hatten nach einem Jahr 536 Kleine Anfragen eingereicht, was im Schnitt 76,57 Anfragen je Abgeordneten entspricht. Des Weiteren kamen 4 Große Anfragen, 30 Anträge, 51 Änderungsanträge, ein Dringlicher Antrag, 3 Entschließungsanträge und 9 Gesetzesentwürfe.
Durch die 6 Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurden in der 4. Legislatur nach einem Jahr 144 Kleine Anfragen eingereicht, was im Durchschnitt 24 Kleinen Anfragen je Abgeordneten entspricht. Darüber hinaus reichte die Fraktion 2 Große Anfragen, 32 Anträge, 40 Änderungsanträge, 2 Dringliche Anträge, 2 Entschließungsanträge und 3 Gesetzesentwürfe ein.
Diese Zahlen zeigen, dass die drei genannten Fraktionen deutlich schneller in die parlamentarische Arbeit hineinfanden als die AfD und das obwohl alle drei Fraktionen über weniger Abgeordnete verfügten als die AfD heute. Dies verdeutlicht, dass die Bilanz der AfD auch nach einem Jahr Landtagszugehörigkeit eher schwach ist.
Thematische Schwerpunkte der AfD im 6. Sächsischen Landtag
Neben dem quantiativen Vergleich soll zumindest ein grober Blick auf die inhaltlichen Schwerpunkte und die Qualität der parlamentarischen Initiativen der AfD geworfen werden. Dafür habe ich zum einen die Kleinen Anfragen und die Anträge Politikbereichen zugeordnet, um einen Eindruck davon zu bekommen, welche Themen die AfD besonders verfolgt. Zum anderen habe ich mir die Anträge der AfD inhaltlich angesehen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, inwiefern die von der AfD gesetzten Themen qualitativ untersetzt sind.
Thematische Schwerpunkte von Anträgen und Kleinen Anfragen
Eine Auswertung der Kleinen Anfragen der AfD soll verdeutlichen, in welchen Themenbereichen die AfD sich besonders engagiert. Dafür habe ich die bisher eingereichten 288 Kleinen Anfragen jeweils einem Politikbereich zugeordnet. Manche Kleine Anfragen berühren mehrere Politikfelder. Trotzdem habe ich mich entschieden, eindeutige Zuordnungen zu treffen und lediglich eine Zuordnung zu einem Themenbereich vorzunehmen. Lediglich im Bereich Wirtschaftspolitik und Arbeitsmarktpolitik habe ich eine Ausnahme gemacht und eine gemeinsame Kategorie „Wirtschaft und Arbeit“ gebildet. Da die Zuordnung zu einzelnen Politikfeldern nicht hunderprozentig objektiv möglich ist und eine andere Person an manchen Stellen möglicherweise zu anderen Zuordnungen kommen würde, kann hier die Übersicht über meine Zuordnung der Kleinen Anfragen zu den einzelnen Politikbereichen eingesehen werden.
Die Aufschlüsselung der Kleinen Anfragen nach Politikbereichen ergibt ein eindeutiges Bild:
Dies zeigt deutlich, dass die AfD vor allem im innenpolitischen Bereich aktiv wird. 42,36% aller Anfragen sind diesem Bereich zuzuordnen. Weit abgeschlagen folgen die anderen Politikbereiche.
Aber auch die thematische Aufschlüsselung der innenpolitischen Anfragen der AfD zeigt deutlich die Schwerpunkte der Arbeit der AfD.
42% der Anfragen greifen das Thema Asyl auf, weitere 28% beziehen sich auf die Polizei und immer noch 8% der Anfragen beschäftigen sich mit dem Thema Linksextremismus.
Themen und Qualität der Anträge der AfD
Auch bei den von der AfD eingereichten Anträge zeigt sich eine deutliche thematische Schlagseite. 10 der bislang 19 Anträge, d. h. mehr als 50% der AfD sind dem Bereich Innenpolitik zuzuordnen. Von diesen 10 Anträgen wiederum beschäftigen sich genau die Hälfte mit dem Thema Asyl. In den Bereichen Wirtschafts-, Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Energiepolitik schlagen jeweils 2 Anträge zu Buche. Ein weiterer Antrag beschäftigt sich mit einer sozialpolitischen Fragestellung.
Viele der von der AfD eingereichten Anträge sind inhaltlich wenig ausgearbeitet und bestehen lediglich aus einem kurzen Absatz, in dem dann die AfD auch keine eigenen konzeptionellen Vorschläge macht, sondern andere auffordert, etwas zu tun. Beispiele für diese Art der Kurzanträge sind folgende.
Antrag „Stärkung der Sächsischen Unternehmen durch Beendung der Wirtschaftssanktionen (EU-Embargo) gegen Russland“ (Drs. 6/232):
„Die Staatsregierung wird ersucht, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass diese auf eine sofortige Beendigung des im Rahmen der aktuellen Ukraine-Russland Krise beschlossenen EU-Embargos hinwirkt.“
Antrag: „Stärkung direkter Demokratie durch Einführung von Volksentscheiden auf Beundesebene“ (Drs 6/734):
„Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, daß auf Bundesebene umfassend die Möglichkeit von Volksentscheiden eingeführt wird.“
Beides sind eindrucksvolle Beispiele dafür, wie die AfD Politik simuliert und lediglich so tut, als würde sie inhaltlich arbeiten. Insbesondere der Antrag zur direkten Demokratie zeigt dies deutlich, da die AfD nicht etwa ein eigenständiges Modell direktdemokratischer Elemente vorschlägt, sondern die Staatsregierung auffordert, sich im Bundesrat für Volksentscheide einzusetzen. Wie diese organisatorisch ablaufen und wie die konkreten Mechanismen aussehen, scheint der AfD dabei egal zu sein, jedenfalls tritt sie jeglichen Gestaltungswillen an eine Regierung ab, der sie nicht angehört. Man könnte auch sagen, die AfD macht sich einen sehr schlanken Fuß.
Auch der Antrag „Streichung der Verpflichtung für Kommunen und Landkreise, Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen“ (Drs 6/1390) gehört im Kern in die Kategorie der Ein-Satz-Anträge, weil die Absätze 2 und 3 im Grunde schon Teil der Begründung sind und keine politische Programmatik mehr darstellen:
„Der Landtag möge beschließen: die Staatsregierung zu ersuchen, alle Maßnahmen außer Kraft zu setzen, die eine besondere geschlechtsspezifische Förderung im beruflichen Bereich darstellt und durch die Bestellung von Beauftragten nach § 64 Abs.2 der Sächsischen Gemeindeordnung und § 60 Abs.2 der Sächsischen Landkreisordnung – ausgeübt werden.
Es gibt bei der Gleichstellung von Mann und Frau in der Gesellschaft keinen Grund mehr, eine besondere geschlechtsspezifische Förderung im beruflichen Leben einseitig zu unterstützen.
Eine besondere Förderung der einen Seite bedeutet immer eine Herabsetzung der anderen.“
Eine andere bequeme Methode der AfD ist es, Anträge zu formulieren, die unnötig sind, weil das Begehren der Anträge über andere parlamentarische Initiativen wie Große Anfragen erfüllbar gewesen wäre. Beispiele hierfür sind die Anträge „Evaluierung des Krankenstandes des sächsischen Lehrpersonals“ (Drs. 6/733), „Umfassende Berichtspflicht der Staatsregierung zu Asylbewerbern“ (Drs. 6/1389) und „Geschehnisse nahe einer Asylbewerberunterkunft in Heidenau am Wochendend vom 21. bis 23. August 2015“ (Drs. 6/2661).
Auch der Antrag „Schlüsse aus der Kriminalitätsstatistik 2014 ziehen – Sofortkonzept für Sicherheit in sächsischen Schwerpunktregionen auf den Weg bringen“ (Drs. 6/1823) weist wenig konkretes auf. Unter dem Punkt II. heißt es etwa:
„1. Die Polizei ist dein „Freund und Helfer“, in erster Linie jedoch „Schutzmann“ und Respektperson. Die Polizei tritt jedem Bürger zunächt freundlich gegenüber.
2. Die beteiligten Behörden führen eine offensive, umfassende, transparente und ehrliche, begleitende Medienarbeit durch.
[…]5. Null Toleranz – Die Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist durch niedrigschwelliges, frühzeitiges und konsequentes Einschreiten von Polizeibehörden sicherzustellen. Bei einer Ermessensentscheidung ist das strategische Ziel eines vertrauensvollen Miteinanders von Bürger und Staat u. a. mit zu berücksichtigen.“
Was die Formulierungen „die Polizei tritt jedem Bürger zunächst freundlich gegenüber“ und „bei einer Ermessensentscheidung ist das strategische Ziel eines vertrauensvollen Miteinanders von Bürger und Staat u. a. mit zu berücksichtigen“ bedeuten sollen, wäre spannend zu erfahren, die AfD verrät es leider nicht.
Der Antrag „Verkürzung der Bearbeitungsdauer im Asylverfahren“ (Drs 6/454) besteht aus den römischen Punkten I. und II. Leider hat die AfD vergessen unter II. auch einen Text einzufügen.
Ein besonderes Highlight unter den AfD-Initiativen stellt der Antrag „Einführung von Begrüßungsgeld anlässlich der Geburt eines Kindes“ (Drs. 6/1779) dar:
„Die Staatsregierung wird aufgefordert, eine Gesetzesinitiative mit dem Ziel zu ergreifen, dass mit Hauptwohnsitz im Freistaat Sachsen lebende Sorgeberechtigte bei der Geburt ihres Kindes von Amts wegen eine steuerfreie Zuwendung von einmalig pauschal 5.000 Euro („Begrüßungsgeld“) erhalten.“
Das ist schon der ganze Antragstext. Auch hier wieder – ähnlich wie beim Antrag zur direkten Demokratie – lediglich ein Satz und die Aufforderung an andere, politisch aktiv zu sein. Hier stellt sich allerdings schon die Frage, weshalb die AfD keinen eigenen Gesetzestext vorlegt, wenn ihr das Thema so wichtig ist. Auch hier ist kein eigener Gestaltungswille erkennbar.
Allerdings stellen sich bei diesem Antrag noch weitere Fragen. Zum einen muss man sich die erhobene Forderung noch einmal ansehen. Die Forderung lautet: Sorgeberechtigte, deren Hauptwohnsitz Sachsen ist, sollen bei Geburt eines Kindes 5.000 Euro steuerfrei erhalten. Laut Statistischem Landesamt des Freistaates Sachsen wurden im Jahr 2013 in Sachsen 34.800 Menschen geboren. Anders ausgedrückt: Hätte es das von der AfD vorgeschlagenen „Begrüßungsgeld“ bereits im Jahr 2013 gegeben, hätte dies einen Haushaltstitel in Höhe von 174 Millionen Euro benötigt.
In der Kleinen Anfrage mit der Drucksachennummer 6/2437 hat die AfD die Geburtenzahlen für das Jahr 2014 abgefragt. Nach Auskunft der Staatsregierung wurden in diesem Jahr 35.935 Kinder geboren. Würden, wie von der AfD gewünscht, 5.000 Euro je Kind gezahlt, hätte sich dies auf einen Gesamtbetrag von knapp 180 Millionen Euro summiert.
Wie die AfD dies finanzieren möchte, verrät sie uns leider nicht. Besonders spannend an diesem Antrag ist, dass die AfD diesen am 01.06.2015 in den Geschäftsgang des Sächsischen Landtags gegeben hat, d. h. viereinhalb Wochen nachdem der Sächsische Landtag den Doppelhaushalt für die Jahre 2015 und 2016 beschlossen hat. Unter den Änderungsanträgen, die die AfD zum Doppelhaushalt eingereicht hat, ist allerdings keiner zu finden, der die in dem genannten Antrag zum „Begrüßungsgeld für Kinder“ erhobenen finanziellen Forderungen untersetzten würde. Mal nebenbei eine politische Forderung zu erheben, die jährlich 170 bis 180 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt benötigen würde, ohne auch nur im Ansatz zu verraten, wo das Geld herkommen soll, ist schon eine schwache Leistung in der parlamentarischen Arbeit.
Fazit
Auch nach einem Jahr fällt die Bilanz der parlamentarischen Arbeit der AfD ernüchternd aus. Wenig Anträge und keine Gesetzesentwürfe, die Kernstücke der parlamentarischen Arbeit, sind hier zu verzeichnen, auch wenn die Zahl der Anträge im Vergleich zum ersten halben Jahr angestiegen ist. Einzig die Zahl der Kleinen Anfragen ist im Vergleich zu den ersten sechs Monaten deutlich gestiegen. Allerdings bleibt die AfD auch hier nach wie vor weit hinter den Aktivitäten der anderen Oppositionsparteien zurück. Auch im Vergleich zu den im Jahr 2004 neu in den Landtag gewählten Fraktionen schneidet die AfD schlecht ab.
Inhaltlich sind die Anträge der AfD überwiegend oberflächlich und ohne ernstzunehmenden Gestaltungsanspruch. Die Auswertung der Politikbereiche, in die die parlamentarischen Initiativen der AfD fallen, zeigt, dass die AfD thematisch sehr limitiert ist und sich in erster Linie auf die Innenpolitik stürzt. Damit versucht sie sich offenkundig als Law and Order Partei zu inszenieren.
3 Gedanken zu „Thematisch limitiert – Ein Jahr AfD im Sächsischen Landtag“